Kann man Sonderfarben proofen?

Da viele Drucksachen Sonderfarben wie Pantone oder HKS enthalten, stellt sich häufig die Frage, ob diese Farben überhaupt geprooft werden können. Die Antwort lautet  heute „Ja“. Moderne Proofsysteme können Sonderfarben sehr gute simulieren.
Der Grund: Moderne Proofsysteme verfügen nicht nur über CMYK, sondern drucken mit bis zu 12 unterschiedlichen Druckfarben. Neben den klassischen Primärfarben sind daher auch Orange, Grün und Violett als echte Farben im Gerät. Proofdrucker wie z.B. der Epson 7900 oder 9900 sind daher in der Lage, deutlich größere Farbräume als beispielsweise ISOCoatedV2 darzustellen. Die Sonderfarbsimulation in diesen Geräten ist daher bei der Ansteuerung über einen Contone Treiber, der auf den gesamten Farbraum des Proofdruckers zugreifen kann, teilweise sehr gut. Epson selbst spricht beispielsweise davon, daß „98% aller Pantone Farben“ wiedergegen werden können. Das darf zwar ein wenig angezweifelt werden, aber eine Zahl von über 90% aller Pantone Farben ist aus unserer Sicht durchaus realistisch.

Früher wurden Pantone und HKS Farben von den Proofsystemen einfach nach CMYK umgewandelt und dann im Standard-Farbraum, also zumeist ISOCoatedV2 simuliert. Die Darstellung der Farben ist hier zumeist völlig unzureichend. Für die Wiedergabe von Pantone und HKS Farben in einem Proof ist es daher immens wichtig, einen modernen Proofdrucker mit vielen Farben und einem hohen Farbraum zu haben und eine moderne Proofsoftware, die auch in der Lage ist, den Farbraum präzise anzusteuern.

Unterschiede in der Qualität der Simulation von Sonderfarben sieht man den unterschiedlichen Drucksystemen schnell an: Druckt der Proofdienstleister mit einem älteren 6-Farben oder 8-Farben System (Cyan, Light Cyan, Magenta, Light Magenta, Yellow und Black bzw. Light-Black), werden Sonderfarben schlechter simuliert als z.B. mit einem modernen 11-farbigen System mit Cyan, Light Cyan, Orange, Yellow, Magenta, Light Magenta, Photo Black, Matte Black, Light Black, Light light Black und Grün.

Die höhere Simulationsqualität der Sonderfarben wird dadurch erzeugt, dass etwa Orange bereits als eigene Farbe vorhanden ist und nicht schon vor der Sonderfarbsimulation aus Magenta und Yellow gemischt werden muss.

Dabei muss natürlich gesagt werden, daß insbesondere im Bereich von Metallic oder Leuchtfarben Grenzen gesetzt sind; diese Farbtöne sind derzeit im Proof nicht reproduzierbar.

Vollton-Simulation von Abstufungen

In den Proofsysteme sind überwiegend nur die 100% Werte einer Pantone- oder HKS Farbe hinterlegt. Soll also z.B. ein Schrift-Logo mit 100% Farbauftrag einer Pantone-Farbe simuliert werden, ist das präzise und wird in den meisten Proof-Systemen gut dargestellt.

Schwieriger wird es aber schon, wenn das Logo neben 100% Flächen auch eine 30% Pantone Farbfläche enthält, da diese nicht im Proofsystem definiert ist, sondern vom Proofsystem „berechnet“ wird. Dabei sind teilweise Abweichungen von z.B. von HKS Rasterfächern festzustellen. Eine Hürde dabei ist die Tonwertzunahme im Offsetdruck, die für Volltonfarben nicht klar definiert ist, und je nach Druckplatte, Farbe, Rasterweite etc. unterschiedlich ausfallen kann.

Schwierig ist auch, wenn z.B. auf einer 100% HKS Fläche ein Graustufen TIFF liegt und überdruckt. Für den grafischen Profi ist sofort nachvollziehbar, daß die HKS Fläche durch ein überdruckendes 30% Schwarz einfach an dieser Stelle dementsprechend dunkler werden muss. Die Proofsoftware muss diesen Effekt allerdings korrekt erkennen, korrekt berechnen und dann auch noch mit den vom Proofdrucker zur Verfügung stehenden 12 Farben korrekt simulieren. Daß hierbei Schwierigkeiten entstehen können, ist schnell nachvollziehbar. Und die Königsdisziplin: 7-farbige Pantone-Dateien mit jeder Menge überlagernden und überdruckenden Pantone-Farben oder HKS-Farben mit überdruckenden CMYK-Elementen kann selbst von modernsten Proofsystemen eher nur gut geraten werden, aber nicht zu 100% farbverbindlich simuliert werden. Auch die Druckreihenfolge der Sonderfarben ist ja sehr relevant: Drucke ich zuerst eine Vollfläche PANTONE Orange, und dann das Grau auf die nasse Fläche, oder erst das 30% Schwarz und dann die PANTONE Vollfläche darauf?

Fazit: Ein Proof mit Sonderfarben ist nach heutigem Stand der Technik in vielen Fällen sehr gut machbar. Dazu kommt auch, das mit Einführung der 2016er Revision der ISO 12647-7 eine Farbabweichungsdefinition und ein Sonderfarbkeil eingeführt wurde. Damit können jetzt sowohl CMYK Farben, also auch Sonderfarben geprooft und mit einem Medienkeil gemessen und verifiziert werden.

Nähere Informationen zu den Neuerungen der ISO 12647-7:2016 und dem Sonderfarbkeil haben wir Ihnen hier zusammengestellt.

Weitere Beiträge zum Thema:

2 Gedanken zu „Kann man Sonderfarben proofen?“

  1. Beim Graphic Arts Color Expert’s Day in Frankfurt wurde hierzu am Vormittag einiges an Präsentationen angeboten. Wen es interessiert, und wer sich näher in die Materie einarbeiten möchte, der kann hier die PDF-Präsentationen zum Thema Proof von Sonderfarben herunterladen:
    http://color.org/events/frankfurt_color_experts.xalter

    Die Themen im Einzelnen waren:
    Proofing and printing documents that include spot inks – Craig Revie
    Predicting the colorimetry of spot colour overprints – Kiran Deshpande
    Brand Colour Workflow – Steve Smiley
    Spot color proofing and printing – Dietmar Fuchs
    Advanced proofing – spot colours – Paul Lindstrom
    Color Sequence Proof Sample“ – Victor Asseiceiro

    Leider liegen die Präsentationen nur auf englisch vor, aber für Farbmanagement Experten ist das sicher kein Hindernis!

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

GDPR Cookie Consent with Real Cookie Banner